Das Forschungs- und Netzwerkprojekt RurAction, das von 2017 bis 2021 gelaufen ist, hat den transformativen Potential ländlicher Sozialunternehmen erforscht. In drei Jahren haben sich zehn Doktoranden und Doktorandinnen in acht Ländern lokale soziale Unternehmen, innovative Netzwerken und Prozesse, sowohl deren institutionelle Einbettung und Zusammenhänge mit regionaler struktureller Entwicklung geforscht. Ein wichtiges Teil des Projekts war aktiver Austausch mit Praksispartnern aus unterschiedlichen Ländern: ADC Moura in Alentejo, Portugal, Ballyhoura Development in Midwest, Irland, Otelo eGen in Mühlviertel, Österreich und Social Impact gGmbH in Berlin-Brandenburg, Deutschland.

Die Ergebnisse sind in Handbuch für Praktiker*innen veröffentlicht worden.

Während 2020 wurden regionale Politikgespräche in Online-formaten sowohl ein Workshop auf der EU-ebene digital organisiert. Die Empfehlungen für die politische Unterstützung sozialinnovativer Initiativen in ländlichen Räumen Europas sind in dem Policy Brief befasst. Das Policy Brief zusammenfasst die Phasen einer innovativen Initiative und die nötigen Politik- und Fördermaßnahmen für jede Phase auf der lokalen, staatlichen und EU-Ebene

1. Problematisierung
In dieser Phase kommen verschiedene Akteure zusammen, erkennen ein gemeinsames Problem und wollen aktiv werden. Um diese lokale Selbstorganisation zu unterstützen, könnte z.B. kostenlose Bereitstellung von Räumlichkeiten als offene Treffpunkte 0der Förderung niedrigschwelliger Kommunikationsformate eine einfache aber wirksame Fördermassnahme sein.

2. Emergenz
In dieser Phase organisiert sich die Gruppe der Aktiven und es bildet sich ein tragender Kern, der die Kontinuität der innovativen Initiative versichert. In dieser Phase ist eine rechtliche und finanzielle Unterstützung notwendig, manchmal auch in längerer Sicht, um die prekäre Anfangsphase zu überwältigen.

3. Adaptierung
In dieser Phase haben die Akteure wieder etwas Luft, um die Initiative anzupassen, neue Wege aus möglichen Problemen der Anfangszeit zu suchen und größere Beteiligung zu ermöglichen. Hier ist es hilfreich, den Austausch zwischen anderen Akteuren vor Ort und überregional durch Beteiligungsformaten und öffentlicher Sichtbarkeit zu unterstützen.

4. Stabilisierung und Dissemination
In dieser Phase wird aus einer neuen Initiative eine etablierte und längerfristige Institution gebildet, der immer mehr Bekanntheit gewinnt. Weiterhin ist dennoch wichtig, eine kontinuierliche Änderung und Anpassung als normaler Teil einer innovativen Initiative zu betrachten, und dieses Prozess institutionell zu ermöglichen. Bestehende Förderungs-, Verwaltungs- und gesetzliche Vorschriften sollten in Dialog mit innovativen und Grasswurzelinitiativen überprüft und gegenseitig Angepasst werden.

In dem Workshop zu Brandenburg wurde ein konkreter Vorschlag in dieser Richtung zur Förderung der Diverzifizierung der Beschäftigungsmodellen von sozialinnovativen Initiativen gesprochen: „Experimentierräume“. In Brandenburg sind in letzter Zeit viele neue Co-workingspaces und multifunktionale Wohnräume entstanden. Deren Anspruch, unterschiedliche Wirtschaftszweigen unter einem Hut zu bringen, stoßt jedoch häufig gegen gesetzliche Vorschriften. So ist es z.B. schwierig, sowohl eine touristische Beherbergungsdienstleistung und ein handwerkliches Werkstatt in einem Ort parallel zu betreiben. Dafür wünscht sich das Netzwerk Zukunftsorte, dass gewisse gesetzliche Regelungen bezüglich Bauen und Betreiben solcher Dienstleistungen Temporär in einzelnen Orten verlockert werden könnten, um neue Experimente zu ermöglichen und deren Wirkung gezielt zu evaluieren.

Des weiteren wünschen sich Dorfaktive, die bereits jahrzentelang ehrenamtliche Strukturen in ländlichen Räumen aufgebaut haben, laut dieAktiven in der Akademie der Dorfhelden auch stärkere und diversere Mediale Berichterstattung über innovative Initiativen in ländlichen Räumen. Es sollen nicht nur die Ideen als „innovativ“ gesehen werden, die in einem bekannten, urbanen Kommunikationsmuster passen und die städtische Bevölkerung ansprechen, sondern die Diversität der ländlichen Engagement in ganzen wiederspiegeln.

Bild: ADC Moura. EPAM-Network meeting of herbal farmers in Portugal.

Die akademischen Ergebnisse sind in mehreren Publikationen und Dissertationen erschienen.

Die Ergebnisse bestätigen unter anderem die Relevanz kollaborativer Praktiken und Netzwerke für die Stabilität und Transformationskraft von Sozialunternehmen. Eine flexible und informelle Zusammenarbeit mit dem öffentlichen Sektor scheint insbesondere die Initiativen im Bereich Dorfentwicklung und Grundversorgung stark zu unterstützen. Soziale Innovationen sollten dennoch nicht als komplett steuerbare, lineare Entwicklung betrachet werden, sondern sie entstehen im Einklang mit anderen emergenten Prozessen und dezentralen Infrastrukturen, die immer neue Anpassung und Reflexion anfordern.